Das von der SED-Propaganda gezeichnete Bild entsprach immer weniger der Wirklichkeit. Der Kult um die Partei und ihre Funktionäre nahm groteske Züge an. An jeder freien Fläche prangten Losungen für den Sozialismus. Trotz zuneh-
mender Versorgungsengpässe setzte die SED hohe Summen für ihre Selbstinszenierungen ein.
Nach dem Tod Stalins am 5. März 1953 hatte das ganze Land zu trauern, war doch, so Ulbricht, der „größte Mensch unserer Epoch
e“ gestorben.
Wenig später bereitete sich die SED-Führung auf den 60. Geburts-
tag Walter Ulbrichts am 30. Juni 1953 vor. In seiner Geburtsstadt Leipzig sollte der „größte Sohnes der Stadt“ drei Tage lang geehrt werden.
1953 wurde das Karl-Marx-Jahr anläßlich seines 135. Geburtstages und 70. Todestages mit großem Aufwand begangen.

 
Propaganda und Realität

 

 

 

 

Während überall gespart werden musste, u. a. auch für Sozialfürsorge, beschloss die Leipziger Stadtverordnetenversammlung, zusätzliche Mittel für den Geburtstag von Ulbricht bereit zu stellen, Stadtarchiv, StVuR (1), Nr. 630, Bl. 144/145 V/R

Während überall gespart werden musste, u. a. auch für Sozialfürsorge, beschloss die Leipziger Stadtverordnetenversammlung, zusätzliche Mittel für den Geburtstag von Ulbricht bereit zu stellen, StadtAL, StVuR (1), Nr. 630, Bl. 164

Karl-Marx-Platz (heute Augustusplatz), Erzeugnisse des VEB Blechverformungswerkes Leipzig, 1. Mai 1953, SGM, Foto: Lothar Noll

Während überall gespart werden musste, u. a. auch für Sozialfürsorge, beschloss die Leipziger Stadtverordnetenversammlung, zusätzliche Mittel für den Geburtstag von Ulbricht bereit zu stellen, StadtAL, StVuR (1), Nr. 630, Bl. 164

Losungen des ZK zum Karl-Marx-Jahr 1953, 03.03.1953

Demonstration der Pioniereisenbahner auf dem Karl-Marx-Platz (heute Augustusplatz) am 1. Mai 1953, rechts das Stalin-Denkmal, SGM, Foto: Zimmer

LVZ vom 3. Mai 1953

Stellungnahme des ZK der SED zu Tod Stalins, Dokumente der SED, Bd. I, Berlin 1952, S. 296f

„Teure Genossen!
Die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands und die Bevölkerung
der Deutschen Demokratischen Republik tragen mit Ihnen und dem ganzen Sowjetvolk
den unermesslichen Schmerz, der uns alle durch das Ableben des großen Führers
der fortschrittlichen Menschheit, Josef Wissarionowitsch Stalin, betroffen hat.
Die Nachricht, dass das Herz des Mitkämpfers und genialen Fortsetzers der Sache Lenins,
unseres weisen Lehrers und Vaters, aufgehört hat zu schlagen, erfüllt die Genossen,
alle deutschen Friedensfreunde und Demokraten mit großer Trauer.
Mit Josef Wissarionowitsch Stalin ist der große Wissenschaftler des Marxismus-Leninismus,
der weise Führer der Werktätigern im Kampfe um den Sozialismus, der geniale Feldherr
des Großen Vaterländischen Krieges des Sowjetvolkes, der überragende Kämpfer
für die Erhaltung des Friedens in der Welt dahingegangen.
Das Lebenswerk J. W. Stalins wird auf Jahrhunderte die Entwicklung des Weltgeschehens
beeinflussen…Der große Verlust, den das Hinscheiden J. W. Stalins bedeutet,
ist für uns deutsche Genossen, für die ganze Arbeiterklasse Deutschlands
und für das deutsche Volk ein schmerzlicher Schlag.
Wir verlieren in J. W. Stalin den großen Freund
und immer bereiten Berater und Helfer unseres Volkes.“

Auf Anordnung der Moskauer Führung wurden alle geplanten Feierlichkeiten zum 60. Geburtstag Ulbrichts abgesagt, so auch in Leipzig, StadtAL, StVuR (1), Nr. 630, Bl. 163