Die
von der SED zur Klassenjustiz geformte Gerichtsbarkeit war von Anfang an ein
wesentliches Instrument zum Aufbau und zur Sicherung der Macht.
In keinem Zeitraum waren die Zuchthäuser so voll wie im ersten Quartal
1953. Gab es zum Zeitpunkt der 2. Partei-konferenz im Juli 1952 etwa
37.000 Strafgefangene in der DDR, so waren es zehn Monate später bereits
67.000.
Nach dem Gesetz zum Schutze des Volkseigentums wurden bereits
kleinste Vergehen mit hohen Haftstrafen geahndet. Oft waren es Angehörigen
der angeblich führenden Arbeiterklasse. Doch es kamen auch kleine und
mittlere Gewerbetreibende, selbstständige Bauern und Besitzer von Privatbetrieben
hinter Gitter, um sie unter dem Vorwand krimineller Straftaten enteignen zu
können.
Überfüllte
Zuchthäuser
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Eine
27jährige Leipziger Verkäuferin wurde wegen Diebstahl einer Flasche
Parfüm im Werte von 2,30 DM zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt.
Ein Weichensteller aus Espenhain nahm fünfzehn bis zwanzig Brikett und
Abfallholz mit nach Hause, dafür bekam er drei Jahre Zuchthaus.
Ein Bestarbeiter aus der Leipziger Großmarkthalle wurde
zu einem Jahr Zuchthaus verurteilt, weil er zwei alte Kartoffelsäcke
mit nach Hause genommen hatte, aus denen er sich Arbeitsschürzen fertigen
wollte.
Ein 56jähriger Chemiewerker aus dem SAG Otto Grotewohl Böhlen
wird zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt, weil er dreimal je einen viertel
Liter Petroleum entwendet hatte, das er für seine Fahrradbeleuchtung
brauchte.
Ausgewählte Gerichtsurteile nach dem Gesetz zum Schutze des Volkseigentums vom Frühjahr 1953 Zusammengestellt nach Unterlagen des SächsStAL
RIAS-Hören:
80 % der DDR-Bürger hörten damals den RIAS, obwohl das bereits als
feindliche Haltung ausgelegt
und bestraft werden konnte, Bildserie ZACHARIAS, Frischer Wind,
5/1953: Zeichnungen gegen RIAS-Hören, SGM
Ende März 1953 erschien in der Betriebszeitung des SAG Bleichert eine ausführliche Argumentation zum Gesetz zum Schutze des Volkseigentums, SächsStAL, SAG Bleichert, Nr. 99, Bl.22
Ernst
Melsheimer
9. April 1897-25. März 1960
Generalstaatsanwalt der DDR
Geb. in Neunkirchen/Saar, Jurist, Landgerichtsrat in Berlin,
Beamter (Oberjustizrat) im Justizministerium des Landes Preußen,
1928-1932 SPD,
ab 1937 Rechtsberater der NS-Volkswohlfahrt und Mitglied im NS-Rechtswahrerbund,
1945 KPD, Staatsanwalt in Berlin-Mitte,
1946-1949 Vizepräsident der Deutschen Zentralverwaltung für Justiz,
1949-1960 Generalstaatsanwalt der DDR, Anklagevertreter in politischen Prozessen
bspw. gegen Wolfgang Harich und Walter Janka, Beantragung von mehreren hundert
lebenslänglichen Zuchthausstrafen und Todesurteilen.
Generalstaatsanwalt
Ernst Melsheimer,
Ullstein Bilderdienst